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Wie viel EU braucht Europa?

In einer Zeit, in welcher die EU Verbote von Glühbirnen durchbringt, Doppeltoaster regulieren will und Verordnungen über Toilletenspülungen verabschiedet, ist die Frage «Wie viel EU braucht Europa», durchaus berechtigt.

Liebe Mitglieder der Jungen Alternative für Deutschland, geschätzte Anwesende

Es ist mir eine Freude, Euch zu einem solch’ wichtigen Thema wie die EU einige Gedanken aus der Schweizerischen Perspektive mit auf den Weg zu geben. Als Schweiz-Deutscher Doppelbürger verfolge ich seit geraumer Zeit mit viel Bedenken die momentane Entwicklung der EU. Das Glühbirnenverbot ist ein harmloses Beispiel dafür, wie stark der Drang einzelnen EU-Funktionäre ist, in das Leben aller 500 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner der EU Staaten einzugreifen. Die EU entwickelt sich zu einem Superstaat, der jeglichen wirtschaftlichen und politischen Wettbewerb unterbinden will.

Mit dem Vertrag von Maastrich hat sich die EU eigentlich lobenswerte Ziele gesetzt: Man definierte eine Defizitquote von 3 % und eine Schuldenquote von 60 % des Bruttoinlandprodukts. Eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten aber verletzt heute diese Ziele. Haushaltsdisziplin wurde zu einer Farce, die EU Länder nehmen Jahr für Jahr mehr Geld von ihren Vürgern ein. Auch wurde versprochen, dass nicht die einen Länder für die Fehler anderer aufkommen müssen, ja sogar finanziell dafür haften sollen. All dies ist heute Tatsache. Die EU Staaten haben in vielerlei Hinsichten kollektiven Vertragsbruch begangen.

Begonnen hat alles mit der missratene Politik der europäischen Zentralbank, aufgrund der sich die Situation im Süden Europas zu Beginn des neuen Jahrtausends massiv verschlechtert hat. Die künstlich tief gehaltenen Zinsen weckten falsche Investitionsanreize, ein Immobilienboom wurde provoziert. Bis das Kartenhaus zusammenbrach, in Spanien plötzlich tausende von Häusern leer standen und Griechenland vor der Pleite stand. Die einst prosperierende Europäische Union wurde Opfer ihrer eigenen Politik. Die Jugendarbeitslosigkeit, vor allem in den Süd Staaten, ist förmlich am explodieren. Die Auswirkungen von einer «verlorenen Generation» sind kaum abzuschätzen.

Es geht jedoch auch anders.

Die Schweiz, der Kartenfleck in Europa, welcher nicht zur EU gehört, hat gezeigt, dass es auch eine Alternative zur EU gibt. Wir haben es geschafft, dank föderalen Strukturen, gekoppelt an einer aussenpolitischen Offenheit, trotz einer Weltwirtschaftskrise, qualitativ zu wachsen. Doch, wie ist dies möglich und kann das Schweizer Modell auf andere Nationen angewandt werden?

Ich bin vorsichtig mit der Behauptung, dass alles, was bei uns funktioniert hat, genau gleich in andere Länder übertragen werden kann. Jede Nation hat seine eigene Geschichte und sein eigenes Staatsverständnis, was die Sache komplex macht. Es gibt jedoch Eigenschaften des Schweizer Staats, welche uns Jahrhunderte lang begleitet und meines Erachtens so erfolgreich gemacht haben. Die meisten dieser Eigenschaften sind in den Ländern der europäischen Union weniger stark ausgeprägt als in der Eidgenossenschaft.

Die Schweizer Politik zeichnete sich lange dadurch aus, dass die politischen Entscheide so Nahe wie möglich am Bürger getroffen wurden. Über 2’500 Gemeinden kennt die Schweiz, jede gestaltet ihre Budgetpolitik ein wenig anders aus. Die Bürger haben die Entscheidungshoheit, was mit den Steuereinnahmen finanziert werden soll. Wenn Grossprojekte den Kostenrahmen sprengen, hagelt es rasch Kritik an den Lokalpolitikern, meistens müssen persönliche Konsequenzen gezogen werden. Dies ist ein grosser Unterschied zu fast allen eU Ländern, wenn ich beispielsweise an das Debakel mit dem Berliner Flughafen denke. Es werden jährlich Steuergelder verbrannt und niemand übernimmt die Verantwortung. Neben den vielen, teils sehr kleinen Gemeinden, beschäftigen sich die Kantone mehr mit Bildungs- und Sozialpolitik, der Bund mit Sicherheits- und Aussenpolitik. Diese Aufgabenteilung hat zum Vorteil, dass das Mitspracherecht durch die Bürger wo immer möglich wahrgenommen werden kann. Zudem haben wir eine mehrfach geteilte Macht, was vor Missbrauch und Steuergeldverschwendung schützt.

Die regierenden und gesetzgebenden Politiker müssen stets damit rechnen, dass eine Bevölkerungsgruppe gegen eine entsprechende Vorlage das Referendum ergreifen kann. So wird automatisch mehr auf die Anliegen der Bevölkerung Acht gegeben und darauf eingegangen. Die direkte Demokratie in Kombination mit dem Föderalismus bewahrte uns von zentralistischen Fehlentscheiden, welche verheerende Auswirkungen auf die ganze Schweiz gehabt hätten. Die Steuerhoheit liegt in den verschiedenen Kantonen. Somit stehen sich die 26 Kantone dauerhaft im Wettbewerb um das beste Staatssystem. Bringen hohe Steuern und ein starker Staat oder tiefe Steuern in Kombination mit einem schlanken Staat mehr Wohlstand? Wie soll das Bildungssystem organisiert sein? Wie effizient ist die Verwaltung? Mit all diesen Fragen beschäftigen sich kantonale Politiker. Die guten Rezepte setzen sich durch, bei Fehlplanungen müssen nicht sämtliche Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz dafür haften. Ein bewährtes System.

Doch auch bei uns ist der Trend spürbar, dass immer mehr «harmonisiert» und gleichgemacht werden soll. Man spricht von Effizienzvorteilen. Die Planwirtschafter rechnen einem vor, wie viel im optimalen Szenario bei Harmonisierungen eingespart werden kann, ohne zu erwähnen, dass die demokratische Kontrolle im politischen Entscheidungsprozess und die Fehleranfälligkeit massiv schwinden.

Diese zentralistische Entwicklung ist längst in der EU erkennbar. Durch die Einführung einer Transaktionssteuer erhofft sich das europäische Parlament endlich mehr Budgetkompetenz. Jeder Politiker will sein Prestigeobjekt präsentieren, um für die kommende Legislatur wiedergewählt zu werden. Es ist wichtig, den Wählern eine breite Auswahl an Positionen zu präsentieren, nur so kann eine Demokratie funktionieren. Und die EU, insbesondere Deutschland, soll mehr Demokratie wagen. Wieso lässt man beispielsweise Katalonien nicht über ihre Unabhängigkeit abstimmen? Wo bleibt die Selbstbestimmung der verschiedenen Regionen? Ohne demokratischer Mitbestimmung würde der ESM, der sogenannte Europäische Stabilitätsmechanismus, ins Leben gerufen, welcher zahlungsunfähige Mitgliedstaaten der Eurozone finanziell unterstützt. Dieser Ansatz ist falsch, denn er bestraft die leistungsstarken Mitgliedstaaten der EU. Wie Frank Schäffler, ehemaliger Bundesparlamentarier der FDP, stets pflegt zu sagen, soll der Euro zu einer atmenden Währung werden. Länder, welche nicht mehr Teil von der Eurozone sein können oder wollen, sollen nicht gezwungen werden, in der Eurozone zu bleiben. Wenn wir Staaten nicht erlauben, Pleite zu gehen und stattdessen sie mit fremden Geld zwangsunterstützen, verlagern wir die Problem nur in die Zukunft, ohne sie nachhaltig zu lösen. Die Zeche von der expansiven Nationalbankpolitik und der ungebremsten Umverteilung werden wir Jungen eines Tages zu begleichen haben. Lasst uns dagegen kämpfen!

Ich wünsche mir ein Europa der Offenheit, ein Europa der Vielfalt und ein Europa der verschiedenen Kulturen. Die verschiedenen europäischen Regionen benötigen wieder mehr Gewicht und Selbstbestimmung. Die besten Ideen sollen sich im Wettbewerb durchsetzen und Wohlstand für alle generieren. Es ist eine Illusion zu glauben, dass man 500 Millionen Menschen von einer politischen Zentrale aus steuern und gleichmachen kann. Jeder Mensch ist anders, und hat andere Bedürfnisse. Es gibt grosse Unterschiede zwischen den Nationen im kulturellen Verständnis. Diese Unterschiede gehören respektiert.

Man soll sich jedoch gleichzeitig bewusst sein, dass mehr Selbstbestimmung nur mit einer unilateralen Öffnung gegen aussen funktionieren kann. Eine Abschottungspolitik bringt uns nichts. Ich persönlich bin ein Verfechter der Personenfreizügigkeit. Sie Personenfreizügigkeit kann jedoch nur funktionieren, wenn wir den Sozialstaat auf ein vernünftiges Maass reduzieren. Eine Einwanderung in die Sozialsysteme muss verhindert werden. Der freie Verkehr von Kapital und Personen ist eine wichtige Errungenschaft, welche es zu verteidigen gibt. Wir brauchen einen Freihandel, keine Zollgebühren und sonstige Abgaben, so dass unsere Wirtschaft prosperieren kann. Wir müssen den Freihandel in ganz Europa vorantreiben. Für ein solches Vorhaben braucht es jedoch nicht die EU und Brüssel, welche tagtäglich unsere Freiheiten einschränken. Der Freihandel wird das Friedensprojekt Europa weiterentwickeln, da kein Vertragspartner Interesse an einer kriegerischen Auseinandersetzung haben kann.

Insbesondere Deutschland braucht eine liberale Partei, welche das Individuum vor das Kollektiv stellt. Innovation, wie sie beispielsweise von AirBnB oder Uber vorangetrieben wird, darf nicht im Keim der Regulatoren erstickt werden. Die Regierungskoalition soll sich mutig für mehr Freiheit und weniger Staat einsetzen und die herrschende Bürokratie abbauen. Ich bin der Meinung, dass Deutschland durch ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ein enormes Potenzial hat, welches nicht ausgeschöpft wurde. Immer mehr Leute sind mit ihrem Einkommen vom Staat abhängig und das politische System ist sehr träge und wird von einigen wenigen getragen. Seid mutig und sprecht auch Probleme an, welche alle anderen verschweigen!

Europa hat ein enormes Potenzial, wirtschaftlich und gesellschaftlich. Kämpfen wir zusammen für eine Politik, welche das Individuum respektiert und ihm Entfaltungsmöglichkeiten bietet. Eine Politik, in welcher nicht eine Mehrheit der Bevölkerung am Staatstropf hängt, sondern sich selbst verwirklicht und Verantwortung über ihr Handeln übernimmt. Setzen wir uns zusammen für mehr Freiheit und weniger EU ein. Besten Dank.

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